Astrid fällt eine der drei kleinen Bratwürste aus ihrem Brötchen. Die angebissene Wurst liegt etwas unpassend auf der Strasse. Astrid hat ein schlechtes Gewissen, während wir überlegen was wir jetzt machen…
… rollt eine ältere Frau auf ihrem Rollator sitzend auf uns zu, leicht angeschickert, mit Weinglas in der Hand,. Ich habe Sie schon mit ihrem Bekannten vor sich hingrummeln hören…

“ Wollens die Wurst net essen?“

Astrid: „Wollen Sie die Wurst essen? Ich würde sie Ihnen aufheben!“

„Na, i will se net. Habs grad mit meim Kollegen ghabt. Die Kinder ham früher alls vom Boden gessen un sin net krank worn.“

„Aber ich bin kein Kind mehr. Wir dachten ein Hund freut sich.“

“ Na, ja, …“, sie rollt wieder ab.

Währenddessen tritt ein junger Mann mit in vollem Schwung auf die Wurst und wäre fast ausgerutscht…

Die nach dem Tritt zermatschte Wurst

Das bleibt von der Vogelwelt nicht unbemerkt.

Erstmal kein Hund – dafür ein Festmahl für eine Taube, die jeden Fetzen der Wurst und jeden Krümel des Brötchens akribisch aufpickt.
Was übrig bleibt: Ein Fettfleck an dem – nun endlich ein Hund – im Vorübergehen traurig schnuppert.

Zwischenzeitlich hat sich schon ein anderer Stammgast ein paar Meter von uns entfernt, gleichfalls an die Brückenbrüstung gestellt. In Berlin würde sich wegen des älteren, gepflegten und recht individuell gekleidetem Herrn niemand umdrehen – in Würzburg ist er ein Fotomotiv. Ein junger Mann fotografiert zwei Frauen mit der Festung im Hintergrund fotografiert. Scheinbar. Dabei hält er das Handy so verquer, dass er ganz offensichtlich nach hinten fotografiert. Motiv: Der Herr in weißen Schlangenleder-Stiefeletten und Röhrchenjeans, orangener Sonnenbrille und Sonnenhut.
„Peinlich! Das geht ja gar nicht, einfach fremde Menschen zu fotografieren“ oder ähnliches ruft Austritt in Richtung des jungen Manns. Die zwei Frauen schauen zu Astrid und der Typ steckt, als wäre nichts geschehen, das Handy in seine Hosentasche. Von seinen Mädels hat er aber kein Bild mehr gemacht…

Astrid kommt mit dem Würzburger Unikat ins Plaudern. Das Unikat spricht reinstes Fränkisch.
„Ja, es ist halt so…. Ich trage die Klamotten im Stil der 70er.“

Astrid: „Sie würden auch gut nach Berlin passen. Wir haben lange dort gelebt.“

Er möchte da nicht hin, viel zu groß und auf der Brücke sei es ja so schön. Ja, er geht zu Fasching zum Tuntenball ins Chambinzky aber auf die Brücke möchte er nicht als Tunte. Das ginge ja nicht… ja, den Tuntenball gibt es noch.

Astrid: „Da war ich früher auch immer. Nächstes Jahr dann auch wieder.“

Er holt sich noch ein Glas Wein und stellt sich etwas weiter weg von uns. War der Smalltalk zu intim fürs erste Mal? Ist er schüchtern? Oder er hat einfach keine Lust auf uns…. Meist steht er alleine mit seinem Weinglas auf der Brücke. Nur manchmal spricht er mit jemandem. Als wir Aufbrechen und an ihm vorübergehen, prostet er uns zum Abschied nochmal zu.