Wahlen in der Türkei. Erdogan wird wieder am Ku‘ damm gefeiert. Hupen und Motoren tönen bis zu uns. Lauter als bei einer WM. Vorne am Haus ungewöhnlich viel Verkehr. Sie nutzen die Straße hier zum Drehen. Warum hier? Warum nicht in Neukölln oder Kreuzberg?

Bei den letzten Türkei-Wahlen kam ich mit der U-Bahn von irgendwo zurück, stieg am Wittenbergplatz aus und war mittendrin in diesem Wahnsinn. Es rasten große, schwarze Autos mit riesigen Türkeifahnen an mir vorbei. Jubel, Geschrei, Hupen. Von überall strömten Menschen zum Ku’damm. Frauen mit Kopftüchern. Männer und Frauen mit Türkei-Fahnen. Ausnahmezustand. Der Ku’damm fest in türkischer Ergoganhand. Keine deutsche Polizei weit und breit.
Ich konnte nicht fassen, was hier vor sich geht, bleibe stehen. Ein Mann vom italienischen Eis-Pizza-Imbiss spricht mich an. „Was ist hier los? Warum lassen die Deutschen das zu? Ich lebe seit 30 Jahren in Deutschland und würde das nie machen. Und bei der WM bin ich immer für Deutschland, wenn Italien nicht spielt.“

Ich kann es ihm nicht erklären. Sage ihm, dass es mir Angst macht. Die türkische, triumphierende Euphorie und der deutsche Umgang damit. Dass ich aus Berlin weggehen werde. Er schüttelt den Kopf, geht zurück in seinem Imbiss. Meiner mutig bunten Wohnungsinteressentin ist ihre alte Heimat heute nochmal weiter weggerutscht.